Veranstaltung:
Englisches Seminar, Grosser Hörsaal, Nadelberg 6, Basel
Fremdmat Heimheit: Performance & Entretien
Identitäten sind Geschichten, die in einer Sprache erzählt und aufgeführt werden – doch was bedeutet es, wenn diese Geschichten nicht nur zwischen Geographien und kulturellen Kontexten wandern, sondern darüber hinaus auch sprachliche Grenzen überschreiten, neu ausmessen und hinterfragen? Wie verhält sich die Frage nach dem Schreiben und der Sprache zu der nach der kulturellen Zugehörigkeit? Und ist diese überhaupt denkbar ohne ihr krasses Gegenstück, die gleichzeitige Nicht-Zugehörigkeit?
Im Zentrum des Werkes der Autor:innen, Dichter:innen und Sprachkünstler:innen Halyna Petrosaniak, Marina Skalova und Goran Vulović stehen ebendiese Fragen der biographischen, kulturellen, und sprachlichen Mehrfachzugehörigkeit und Mehrfachnichtzugehörigkeit. Ihren Biographien liegt die postsowjetische oder postjugoslawische Migration zugrunde, ihre Werke und Poetiken führen an die Peripherie nicht nur ihrer eigenen Kulturräume und Vorstellungen von Nationalkulturen und Nationalsprachen, sondern auch an die Peripherie von Sprache, von Literatur und Poesie.
Im Rahmen des 100-Jährigen Jubiläums des Slavischen Seminars der Universität Basel gewähren die drei Künstler:innen Einblick in ihre Arbeit durch ein hybrides Format bestehend aus drei literarischen und sprachkünstlerischen kurzen Performances und einer begleitenden Diskussion des Gesehenen und Gehörten. So widmen sich die Teilnehmerinnen gemeinsam der Frage nach dem Überschreiten von Grenzen, der Mehrsprachigkeit und Sprachlosigkeit im Kontext ihrer biographischen Verflechtungen – zwischen Osteuropa und der Schweiz, zwischen Mutter- und Fremdsprache, zwischen Politiken und Diskursen.
Die Veranstaltung wird co-organisiert durch DPL-Mitglied Thomas Fritz Maier und unterstützt durch das Doktoratsprogramm Literaturwissenschaft der Universität Basel.
Zu den Personen
Marina Skalova ist Dichterin, Dramatikerin und Übersetzerin. In die Schweiz, die sie nun bilingue – deutsch und französisch – bedichtet und verdichtet, kam sie über Frankreich aus Russland. Nebst ihren vielfach ausgezeichneten dramatischen und lyrischen Arbeiten, und auch prosaischen Kooperationen mit postmigrantischer Ausrichtung, übersetzt sie zeitgenössische feministische Poesie aus dem Russischen ins Französische.
Halyna Petrosaniak ist eine der bedeutendsten Lyriker:innen der Ukraine. Zusammen mit Juri Andruchowytsch, Juri Izdryk und Taras Prochasko formte sie kurz vor dem Zerfall der Sowjetunion eine unabhängige Künster:innengruppe, die im heutigen Iwano Frankiwsk die polyphone, multiethnische Vergangenheit der Region thematisierte. Seit einigen Jahren lebt und dichtet sie in der Schweiz. Exophonien (Fremdklänge) heisst ihr letztes Jahr erschienener Gedichtband. Halyna übersetzt außerdem deutsche Literatur und Poesie ins Ukrainische.
Goran Vulović (aka Milchmaa) ist ein Rapper, der ins Bündnerland als Kind aus Jugoslawien kam. Er rappt über die «Generation ić», Todorovas Blaupause, und das «Durenand im Uhreland» rappt. Subtil und subversiv – im Bündner ‘Jugo-Deutsch’ und in Battle-Rap-Manier verbindet Milchmaa Selbstreflexion mit Systemkritik und zerschlägt Stereotype über «Jugos», (Post-)Migrant*innen und andere zentrale Randphänomene der pluralen Schweiz.
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