Veranstaltung:

07 Nov 2018
18:15  - 20:00

"Der moderne Prometheus" Kollegienhaus, Hörsaal 120

Vortragsreihe / Ringvorlesung

Frankenstein/Prometheus: das Verhältnis von technischem und moralischem Fortschritt

Markus Wild (Basel)


Einer populären Lesart zufolge illustriert Frankenstein die tragische Tatsache, dass der moralische mit dem technischen Fortschritt nicht Schritt halten kann. Diese Lesart ist auf der richtigen Spur, aber zu vage. Shelley behauptet genauer, dass der wissenschaftlich-technischen Fortschritt der Moderne sich erstens am Manipulationspotenzial des Lebens misst, und zweitens, dass jener uns eine bestimmte Moraltheorie aufzwingt, nämlich den Utilitarismus, der sich allein mit den Folgen von Handlungen befasst (Shelley widmet ihr Buch dem Philosophen William Godwin, einem Verfechter des Utilitarismus.) Shelleys zweite These hat weitreichende Implikationen. Erstens beeinflusst der wissenschaftlich-technische Fortschritt nicht nur den besonderen Inhalt unserer moralischen Urteile, sondern vielmehr deren allgemeine Form, d.h. die Moral selbst. Zweitens unterminiert die erste Implikation das Fundament der neuzeitlichen Moral, nämlich die individuelle Autonomie. Shelley stellt dieser zweiten Implikation mit der Gestalt von Robert Walton einen alternativen Ansatz entgegen, nämlich eine Moral der Fürsorge und der relativen Abhängigkeit. Im Unterschied zum Utilitarismus, der sich allein mit den Konsequenzen technisch-wissenschaftlicher Manipulation befasst, vermag der alternative Ansatz an der Wurzel dieses Fortschritts anzusetzen, nämlich dem Manipulationspotenzial.

Markus Wildis Professor of Philosophy at the University of Basel. He works in both the history of philosophy and contemporary philosophy (analytical and continental). His research in the philosophy of the mind, biology, and language focuses on the prospects of a broad conception of naturalism, for example, tracing the consequences of the idea that human beings are essentially animals. His SNSF-funded project on Biosemantics and Normative Pragmatism illustrates his interest in teleosemantics alongside that of animal ethics. Some representative publications include Animal Minds & Animal Ethics: Connecting Two Separate Fields, Human-Animal Studies (Transcript 2013, ed. with Klaus Petrus), Tierethik (Junius 2016, authored with Herwig Grimm), and “Wer den Pavian versteht … Eine naturalistiche Perspektive auf Wissen bei Mensch und Tier” (Studia Philosophica, Schwabe 2014).


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